Kann man heute noch normal
reisen?
Gerade lese ich ein schönes Stück
Reiseliteratur, das ich gern hier unten weiterempfehle.
Ich habe mal versucht herauszufinden,
was es überhaupt an Reiseliteratur gibt, und stieß auf eine Flut von
Reiseführern aus etlichen Verlagen, manche aus Internetfotos- und Informationen
zusammengestümpert, sowie auf eine Menge Reiseberichte, oft mehr schlecht als
recht aus Selbstverlagen der Leserschaft an den Kopf geworfen - "mit
Neckermann in Indien" oder "Erna und Hans bei den Buschmännern",
wobei mit den Buschmännern keine Afrikaner, sondern australische Aborigines
gemeint waren., oder Ähnliches, was nur die Freunde und Verwandten des Autors
oder der Autorin lesen. Große Reiseromane wie Goethes "Italienische
Reise", Mark Twains "Die Arglosen im Ausland" oder Seumes
"Spaziergang nach Syrakus" findet man heute nur noch selten. Das
liegt vielleicht zum Teil daran, dass man sich heute überall per Internet
umsehen kann (was die Leute leider nicht dazu verführt, dann auch zu Hause zu
bleiben) und dass die meisten Leute heutzutage als Pauschaltouristen reisen,
und zwar kaum noch auf Rundtouren (sogenannte Bildungsreisen), sondern entweder
als Rucksacktouristen mit Schnorrer-Potenzial oder in
All-Inclusive-"Destinationen", in Clubs oder Hotels, wo sie das Land
nur noch in Form von bunten Postkarten, billigen Souvenirs und die Menschen als
Hotelpersonal kennenlernen - oft ohne zu ahnen, dass ihr ach so netter
Schuhputzer weniger Trinkwasser im Monat zur Verfügung hat, als der Tourist mit
einer einzigen Dusche verbraucht.
Manchmal hat man auch kaum
andere Möglichkeiten. Ich wollte mal in einem großen Reisebüro eine
Individualreise buchen, um Brieffreunde und Autorenkollegen zu treffen - Manila
mit ein paar Tagen Zwischenaufenthalt in Saigon, dann von Manila aus mit dem
Bus nah Norden, zur Sommerhauptstadt Baguio, zurück mit dem Bus, Inlandsflug
nach Cebu, von dort mit dem Flugzeug zurück nach Europa. Unmöglich. Obwohl der
Laden sich mit ausgebildeten Reisefachkräften brüstete, boten die nur Pakete
an, und man wollte mir entweder einen Badeaufenthalt auf Bali, Tauchurlaub auf
Boracay oder einen Junggesellenurlaub in Bangkok / Pattaya anbieten. Jedes
"Paket" für sich - ich hätte nicht von Bali nach Manila buchen
können, sondern hätte jedes Mal wieder nach Deutschland zurück und erneut
losfliegen müssen.
Seitdem fahre ich immer auf gut
Glück. Eine Unterkunft findet sich am Zielort immer. "Alles belegt"
trifft immer nur auf die Touristenburgen zu.
Der alte Patagonien-Express
In diesem Zusammenhang ist es
erfrischend, so ein Reisebuch zu lesen wie "Der alte Patagonien-Express"
von Paul Theroux. Der Roman ist 1979 in den USA erschienen, 1995 in deutscher
Sprache bei Hoffmann & Campe. Es gibt sowohl die Taschenbuchausgabe wie
auch die gebundene noch antiquarisch zu kaufen, entweder im
"Zentralverzeichnis antiquarischer Bücher" (ZVAB) oder bei
Booklooker, mit etwas Glück auch bei Ebay oder Amazon.
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